„Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.“

„Vater unser im Himmel…“

Wir beten nicht zu einem unpersönlichen Gott, sondern zu unserem VATER. Ein Vater ist aber auch nicht irgendeine Person, sondern ein Vater ist Familie. Er hat uns erschaffen. Er sorgt sich um uns und gibt uns das, was wir brauchen. Er kennt jedes Haar auf unserem Kopf (vgl. Matthäus 10, 30), weil er unser Schöpfer ist (vgl. Psalm 139, 13 und Hebräer 3,4). Unser Vater liebt uns unendlich, denn wir sind seine Kinder und ein guter Vater meint es niemals schlecht mit seinen Kindern. Schon garnicht ein Vater der Liebe ist. (vgl. 1. Johannes 4, 16) Was sonst hätte er für uns als reine, bedingungslose Liebe, die er uns ständig schenken möchte?

„…geheiligt werde dein Name…“

Und um diesen Vater – der Gott ist – geht es in unserem Leben. Es geht darum, das ER – sein Name – geheiligt wird. Alles was wir tun, jede Tat, jedes Gebet soll zu seiner Ehre geschehen. „Wir wollen lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.“ (1. Johannes 4, 19) Weil er uns das Leben geschenkt hat (und auch alles andere was wir haben), wollen wir ganz ihm zur Ehre leben – ihn lobpreisen und anbeten. Wie Jesus wollen wir den Vater auch im Leiden ehren und sagen: „Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst“ (Matthäus 26, 39). „Vater, geheiligt werde dein Name“ (Lukas 11, 2), denn du alleine weißt was gut und richtig ist für mich (uns). In Freud und Leid will ich dich loben und preisen, deinen Namen ehren.

„…dein Reich komme…“

Dieses Reich unseres Vaters, das ganz aus Liebe besteht, ist hier auf Erden noch nicht voll ausgebreitet. Jesus kam um den Grundstein zu setzen, um zu beginnen das Reich Gottes auf Erden aufzurichten. Er war sogar der erste „lebendige Stein“ (1.Petrus 2, 4) und wir sollen nun auch lebendige Steine sein, die zu einem geistigen Haus aufgebaut werden sollen (vgl. 1.Petrus 2, 5). Deshalb erbitten wir, dass unser Gott in Allem sein soll, so dass alles Böse nicht mehr ist und nur noch die Liebe regieren wird. Jede Trübsal, jede Schlechtigkeit und alles was nicht Liebe ist wird verschwunden sein, wenn das Reich Gottes komplett auf Erden ausgebreitet sein wird. Diese Bitte beginnt in unserem eigenen Leben. Hier bitten wir unseren Vater, dass sein Reich in uns ganz persönlich kommen möge. Aber wir bitten auch für jeden einzelnen Menschen, dass sich das Reich Gottes in ihnen ausbreite und so nach und nach auf der ganzen Welt.

„…dein Wille geschehe…“

Um Gott zu verherrlichen und sein Reich hier auf Erden auszubreiten, gibt es nur ein wirksames Mittel: Sein Wille geschehe. Denn der Wille des Vaters ist vollkommene Liebe – in seinem Willen ist nichts Schlechtes, nichts was uns schaden würde, nichts was außerhalb der Liebe liegt. Sein Wille schenkt uns Menschen alles, was wir brauchen, um das vollkommene Glück, vollkommenen Frieden und vollkommene Liebe in Ewigkeit zu verkosten und diese Liebe zu leben. Es kann sein, dass sein Wille uns vor kleine und große Herausforderungen stellt, um unsere Liebe zu schulen und zu prüfen. Unser eigener Wille ist dagegen oft unvollkommen und eventuell sogar gar nicht von der Liebe geleitet. Wir haben Ängste, Sorgen, Zweifel und andere menschliche Regungen, die uns die Sicht auf die Wahrheit verdunkeln können. Diese Dunkelheit kann es auch geben, wenn Gott unsere Liebe prüft und uns vor Herausforderungen stellt. Daher wissen wir oft nicht, um „was wir in rechter Weise beten sollen“ (Römer 8, 26). Allgemein und besonders in diesen Momenten dürfen wir beten: „Vater, dein Wille geschehe, denn bei deinem Willen weis ich, er ist vollkommen und gut.“

„…wie im Himmel so auf Erden…“

Im Himmel ist der Vater schon in Allem und durchdringt Alles – er ist die Fülle des Himmels. Dort wird sein Name durchgehend geheiligt und angebetet. Die Engel und Heiligen schauen Gott in seiner Pracht und Größe und leben ganz mit ihm – in seiner Liebe – vereint. Hier auf Erden wenden sich noch immer viele Menschen von ihm ab und dadurch entsteht Gewalt, Hass, Leid, Missgunst, Armut und viele andere schlimme Dinge als Auswirkung der Sünde. Der Himmel dagegen ist Fülle und Liebe. Deshalb bitten wir, dass sein Name geheilt wird, sein Reich komme, sein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Auch auf Erden wollen wir, dass unser Vater „alles in allem sei“ (1.Korinther 15,28), so wie er es schon jetzt im Himmel ist.

„…Unser tägliches Brot gib uns heute…“

Wir bitten den Vater, dass er uns gibt, was wir täglich brauchen. Dabei denken wir nicht weit in die Zukunft – wir denken an heute. Jesus sagt ja auch: „Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug an seiner eigenen Plage“ (Matthäus 6, 34). Neben dem leiblichen Wohl bitten wir auch um das Geistige. Geistig in dem Sinne, dass Gott uns täglich auf unserem geistigen Weg in den Himmel ernährt, sodass wir die Prüfungen bestehen und der Versuchung widerstehen, der Sünde zu verfallen. In vollkommener Weise lässt er uns diese notwendige „Nahrung“, die uns stärkt, durch die heilige Eucharistie zukommen, in der sich Jesus uns ganz schenkt, um sich mit uns zu vereint und um mit uns zusammen den Weg in den Himmel zu gehen.

Wir bitten nicht darum, dass Gott uns überfüllt mit etwas, was zu viel wäre, sondern, dass er uns gerade das gibt, was wir brauchen – geistig und materiell – eben unser täglich Brot. „Denn das Leben eines Menschen besteht nicht darin, dass einer im Überfluss seines Besitzes lebt“ (Lukas 12, 15). Diese Bitte schützt uns davor, unser Glück im materiellen Gut zu suchen und Gott dabei zu vergessen (vgl. Lukas 12, 16-21). Wenn Gott uns dann doch mehr gibt, als wir brauchen, dürfen wir uns fragen, ob nicht wir jemand anderem sein täglich Brot geben dürfen (vgl. 2.Korinther 8, 13-15)? Auch zeigt diese Bitte an den Vater unsere eigene Abhängigkeit von ihm. Würde sich unser Vater nicht um uns sorgen, wären wir auch nicht fähig, unser tägliches Brot zu erhalten, denn als Kinder sind wir ganz auf seine Güte angewiesen. Ohne seine Gnade würde uns sogar unser täglich Brot verwehrt bleiben.

„…Und vergib uns unsere Schuld…“

„(…) Es gibt keinen, der gerecht ist, auch nicht einen“ (Römer 3, 10). Wir alle haben Sünden und bedürfen dem Erbarmen Gottes. „Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, führen wir uns selbst in die Irre und die Wahrheit ist nicht in uns“ (1. Johannes 1, 8). Und wenn Gott uns die Sünden nicht vergibt, bleiben uns die Tore des Himmels verschlossen. Doch wir haben ja einen guten, liebenden, vergebenden Gott. „Denn du, mein Herr, bist gut und bereit zu vergeben, reich an Liebe für alle, die zu dir rufen“ (Psalm 86, 5). Damit wir Vergebung empfangen können müssen wir umkehren und um Vergebung bitten, denn es steht geschrieben: „Ihr erhaltet nichts, weil ihr nicht bittet“ (Jakobus 4,2) und „Zerreißt eure Herzen, nicht eure Kleider, und kehrt um zum HERRN, eurem Gott!“ (Joel 2, 13). Eine wahre Umkehr ist eine Umkehr des Herzen, nicht eine, die rein äußerlich bleibt, sondern die tief im Menschen stattfindet. Bei einer solchen Umkehr eilt uns der Herr entgegen, wie der Vater dem verloren Sohn, der umkehrt und nach Hause zurückkommt. „Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn“ (Lukas 15, 20). Ja so ist unser Vater, er küsst uns, vergibt uns und macht uns keine Vorwürfe. Er will uns reich beschenken und in seinem Haus aufnehmen. Wir als seine Kinder dürfen und müssen seine Vergebung und Liebe annehmen, wenn wir empfangen wollen, was er uns bereitet hat. „Herr, so hilf uns, deine Liebe annehmen!“

„…wie auch wir vergeben unsern Schuldigern…“

„Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, dann wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, dann wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben“ (Matthäus 6, 14-15). Die Vergebung unserer Sünden ist damit verbunden, dass auch wir den anderen vergeben, was sie uns böses getan haben. Wenn wir nicht vergeben, dann wird auch uns nicht vergeben. Wir bereiten deshalb unser Herz und wollen ständig versuchen jedem Menschen alles zu vergeben. Wie Jesus als er sprach: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Lukas 23, 34). Paulus sagt im Brief an die Epheser: „(…) vergebt einander, wie auch Gott euch in Christus vergeben hat“ (Epheser 4, 32). Und wenn nun noch jemand unversöhnlich ist mit einem anderen Menschen, so soll er sich an die Worte Jesu erinnern, der zu den Pharisäern sagte: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie“ (Johannes 8, 7).

„…Und führe uns nicht in Versuchung…“

Wir bitten Gott, dass er uns davor bewahre auf falschen Wegen zu gehen – dass er uns den Geist der Unterscheidung schenke (vgl. 1.Korinther 12, 10) und dass er uns hilft der Versuchung, mit der wir ständig leben müssen, nicht zu erliegen. Ohne seine Gnade sind wir nicht fähig der Versuchung zu Wiederstehen und so können wir ohne ihn auch den Kampf gegen die Sünde nicht gewinnen.

Unser Gott ist aber kein Gott der uns überfordert, sondern ein Gott der Hilfe. Er schickt uns in keinen Kampf, den wir nicht gewinnen könnten, denn sonst würde er ja riskieren, dass wir verloren gehen könnten, ohne eine Chance zu haben den Himmel zu erreichen. „Noch ist keine Versuchung über euch gekommen, die den Menschen überfordert. Gott ist treu; er wird nicht zulassen, dass ihr über eure Kraft hinaus versucht werdet. Er wird euch mit der Versuchung auch einen Ausweg schaffen, sodass ihr sie bestehen könnt“ (1.Korinther 10,13). Wir erbitten die Gaben des Heiligen Geistes1Weisheit, Einsicht, Rat, Erkenntnis, Stärke, Frömmigkeit und Gottesfurcht und ziehen die Waffenrüstung Gottes an, um am Ende siegreich zu sein. „Darum legt die Waffenrüstung Gottes an, damit ihr am Tag des Unheils widerstehen, alles vollbringen und standhalten könnt!“ (Epheser 6,13).

Nun dürfen wir jedoch nicht sagen, dass Gott es ist, der uns Versucht, denn es ist nicht Gott, sondern der Böse, der uns zum Bösen bringen möchte. „Keiner, der in Versuchung gerät, soll sagen: Ich werde von Gott in Versuchung geführt. Denn Gott lässt sich nicht zum Bösen versuchen, er führt aber auch selbst niemanden in Versuchung“ (Jakobus 1, 13). So können wir wissen, dass wenn unser Vater Versuchungen in unserem Leben zu lässt, dann nur, um unsere Liebe wie einen edlen Diamanten zu schleifen und um daraus für uns und andere, noch größere Fülle und Freude erwachsen zu lassen. Er will uns fähig machen, noch mehr von seiner Gnade aufnehmen zu können.

„…sondern erlöse uns von dem Bösen…“

„Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen Mächte und Gewalten, gegen die Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die bösen Geister in den himmlischen Bereichen“ (Epheser 6, 12). „Euer Widersacher, der Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann.“ (1. Petrus 5, 8) Der Herr möchte, dass wir leben, der Teufel dagegen, möchte uns in das ewige Feuer ziehen. So will der Böse, dass wir aufhören Gott zu vertrauen, dass wir nicht den Himmel im Sinn haben, sondern die Welt, nicht das Ewige, sondern das Kurzlebige. Kann er uns dann nicht zum Bösen verführen, so treibt er uns im Guten an, sodass wir uns überfordern lassen und womöglich kraftlos und unvorsichtig werden. Der Böse – gegen den wir kämpfen – versucht uns von Gott und seiner Liebe fernzuhalten oder uns von ihr zu trennen, wenn wir sie schon besitzen.

Ist ja die Liebe Gottes das größte Gut was wir erlangen können und nichts kann uns von ihr trennen, wenn wir es nicht wollen. „Denn ich bin gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Gewalten, weder Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (Römer 8, 38-39). Wir können unsere Vater vertrauen, dass wir nichts zu befürchten haben und niemand uns je von ihm und seiner Liebe trennen kann, außer dann, wenn wir aus freiem Willen uns von seiner Liebe wegbewegen. Doch ist der Teufel gerissen und lässt nichts unversucht, sich unseren Willen zu bemächtigen.

Aus eigener Kraft können wir ihn nicht besiegen und würden wir nur auf unsere eigene Kraft vertrauen können, wären wir ihm hoffnungslos ausgeliefert. Doch Gott selbst ist unsere Waffe gegen den Teufel. „Ordnet euch also Gott unter, leistet dem Teufel Widerstand und er wird vor euch fliehen“ (Jakobus 4, 7). Deshalb ist es die Demut, die uns vor dem Bösen schützt, weil wir uns in der Demut an unseren Herrn und Gott schmiegen (Gott unterordnen), um bei ihm Schutz und Sicherheit zu suchen (und auch zu erlangen). Als Kinder Gottes haben wir einen Vater der der Schöpfer aller Dinge ist – niemand ist größer oder stärker als er. Deshalb bitten wir als seine Kinder: „(…) rette uns vor dem Bösen!“ (Matthäus 6, 13). Und auch Jesus bittet für uns: „Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst“ (Johannes 17, 15).

„…Amen.“